Kopfzerbrechen der besonderen Art: Zeichenbeschränkungen im Französischen
Sowohl im Print- als auch im Online-Bereich sind Zeichenbeschränkungen fast an der Tagesordnung: Wer z. B. eine Zeitschrift oder Google Ads aus dem Deutschen ins Französische übersetzen lassen will, hat nur einen bestimmten Platz zur Verfügung.
Das Problem dabei: In der Regel ist der französische Text einer Übersetzung ca. 20% länger als der ursprüngliche deutsche Text. In der deutschen Sprache besteht ja die Möglichkeit, zusammengesetzte Wörter zu bilden. Den Rekord (im Guinness-Buch der Rekorde) hält übrigens das Wort „Donaudampfschifffahrtselektrizitätenhauptbetriebswerkbauunternehmen-beamtengesellschaft“ mit 80 Buchstaben. Es passt nicht einmal auf eine Zeile … Das längste Wort im Duden, „Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung“, kommt immerhin auf 44 Zeichen. Da kann das längste französische Wort, „anticonstitutionnellement“ (zu Deutsch „verfassungswidrig“) mit seinen 25 Buchstaben nicht mithalten.
Zeichenbeschränkungen zu beachten ist also kein Zuckerschlecken und mit erheblichem zeitlichem Mehraufwand verbunden. Dabei ist es sinnvoll, von vorne herein den Zieltext knapp zu halten, also gleich beim Übersetzungsprozess nach kurzen Formulierungen zu suchen, statt erst ohne Rücksicht auf die Länge zu übersetzen und in einem zweiten Schritt den Zieltext zu kürzen. Deshalb wird diese besondere Arbeitsanweisung auch sinnvollerweise gleich zu Beginn des Prozesses kommuniziert.
Ein besonders schwieriges Beispiel habe ich noch ganz frisch in Erinnerung. Dort ging es um Online-Texte für einen Möbelhersteller. Ich musste ein Glossar sowie sehr knappe Zeichenbeschränkungen beachten. Da war der Informationsverlust schon vorprogrammiert. Und da die beauftragende Agentur für den Extra-Aufwand nicht bezahlt, war es für mich schliesslich ein absolutes Verlustgeschäft. Nächstes Mal werde ich also entweder ein höheres Honorar verlangen oder den Auftrag gleich ablehnen.
Meine schönste Erinnerung in Verbindung mit Zeichenbeschränkungen betrifft eine kreative Headline für (wen wundert’s …) eine bekannte Schweizer Schokoladenmarke. Sie enthielt ein ziemlich kniffliges Wortspiel, und ich sollte mich im Französischen möglichst kurzhalten. Ganz wichtig dabei: Das Layout des Plakats hatte ich vor Augen. Ich habe mich also eine Weile mit der Headline als solcher beschäftigt, bis ich eine Formulierung fand, mit der ich richtig glücklich war. Erst danach schaute ich nach der Länge – und konnte es kaum glauben: Meine Lösung hatte ganz genau die gleiche Zeichenanzahl wie der deutsche Originaltext. Na also: geht doch!
04.03.2025